Die Maskenschnitzer der Offenburger Hexenzunft
Masken zur Vermummung des Gesichts gab es zu den frühesten Zeiten und in allen Teilen der Erde. Sie gehören zu den frühesten Zeugnissen der Kulturen. Die Masken der schwäbisch-alemannischen Fastnacht sind unverkennbar und bestehen auch heute noch zum Großteil aus reiner Handarbeit. Viele Traditionszünfte meiden auch heute noch das schnellere und günstigere Kopierfräsverfahren. So auch die Offenburger Hexenzunft. Nachfolgend wird die beeindruckende Geschichte ihrer Maskenschnitzer erzählt.
Fritz Disch, Elzach (1883 – 1961): Maskenschnitzer von 1935 bis 1954
Schon im Herbst 1934 hatte Hexenvater und Gründungsmitglied Karl Vollmer regen Kontakt mit dem renommierten Holzbildhauer und Maskenschnitzer Fritz Disch aus Elzach, der aus einer Dynastie berufsmäßiger Maskenschnitzer stammt. Schon Dischs Vater Ferdinand und sein Bruder Heinrich, der zu Beginn des ersten Weltkriegs 1914 in Frankreich gefallen war, waren gefragte und beliebte Holzbildhauer und Maskenschnitzer. Das Talent von Fritz Disch bestand darin, sogenannte Portrait-Masken zu fertigen, d.h., Masken mit teilweise menschlichen Gesichtszügen, die dem Träger charakterlich angepasst waren. Die Offenburger Hexenmasken, die Fritz Disch fertigte, waren zum Großteil freundlich, lächelnd und jede für sich einzigartig. Einmalig waren auch die aus der jeweiligen Seitenprofilbetrachtung dargestellten zwei Gesichter einer Maske. So zeigt die eine Maskenhälfte ein freundlich lächelndes Gesicht, wohingegen die andere Hälfte eine eher böse, grimmige Fratze zeigt. Hier sei noch erwähnt, dass die Offenburger Hexe die erste Hexenmaske im schwäbisch-alemannischen Raum war, die seinerzeit geschnitzt wurde. Es ergab sich damit ein komplett neues Fertigungsgebiet für einen Maskenschnitzer in dieser Zeit. Disch schnitzte überwiegend für die Elzacher Narrenzunft Schuttigmasken. Sein Spezialgebiet waren die Fratz-Larven, also Menschengesichter mit meist bleckenden Zähnen.
Im Jahre 1948 schnitzte Disch außerdem die Masken für die Alt-Offenburgerinnen, die später als Vorlage für die heutigen Hanselemasken dienten, sowie die erste Teufelsmaske (Schweinskopfmaske). Im Jahre 1949 kamen die ersten Büttelmasken hinzu, die ebenfalls von Disch gefertigt wurden. Sämtliche Entwürfe stammen aus der Hand von Karl Vollmer, wobei das Gründungsmitglied Karl Wacker 1956 die Figur des Spättlehansele angeregt hatte. 1954 gab Fritz Disch, zum großen Bedauern der Offenburger Hexenzunft, das Schnitzen sämtlicher Zunftmasken ab.
Werner Vogel, Offenburg (1933 – 2010): Maskenschnitzer von 1955 bis 1960
Seit 1955 schnitzte der Offenburger Werner Vogel, selbst aktive Hexe, die Masken der Zunft. Seine Hexenmasken hatten oft spitze Reißzähne, ein spitzes Kinn und zeigten einen stechenden Blick. Auch er schaffte es, seinen Masken Lebendigkeit mitzugeben. Außerdem sind die „Schlangis-Masken“, wie sie in Zunftkreisen gerne genannt werden, gewichtsmäßig sehr leicht und wie bei Fritz Disch auf das Gesicht des Trägers angepasst. Werner Vogel entwarf und schnitzte 1958 die unverkennbare Teufelsmaske mit ihren tierischen und menschlichen Gesichtszügen, die bis heute vom jeweiligen Zunft- und Hexenmeister getragen wird.
Aus beruflichen Gründen musste Vogel mit dem Maskenschnitzen aufhören. Die Offenburger Hexenzunft kehrte so ab 1960, wie zur Gründerzeit, zu einem Schnitzer nach Elzach zurück.
Josef Tränkle, Elzach (1900 – 1987): Maskenschnitzer von 1960 bis 1987
So verpflichtete die Hexenzunft 1960 den damals bereits renommierten Holzbildhauer und Maskenschnitzer Josef Tränkle. Bei Tränkle war auffallend, dass sein Schnitzstil sich in den 27 Jahren seines Schaffens sehr stark veränderte. Zu Beginn zeichneten sich seine Masken durch ihre Individualität und ihr Gewicht aus. Auch er höhlte anfangs, genau wie seine Vorgänger, die Masken vollständig aus, so dass sie angenehm zu tragen und leicht waren. Ab und an hatte er die Masken geschliffen, manchmal ließ er „das Messer drin“, wie man in Schnitzerkreisen sagt, d.h., dass die Maske nicht geschliffen wird und eine facettenartige Oberfläche entsteht. In den 1970er und 1980er Jahren wurden sich Tränkles Hexenmasken immer ähnlicher und unterschieden sich nur noch wenig.
Dem hohen Alter des Schnitzers geschuldet, wurden die Masken in den letzten Jahren seines Wirkens größer und schwerer. Viele aktive Hexen gaben daher in den 1980er Jahren ihre Tränkle-Masken der Zunft zurück und ließen sich eine eigene schnitzen oder eine alte Maske kopieren. Der Holzbildhauer Franz Weber aus Zell Weierbach war auf Kopien spezialisiert und nahm so den einen oder anderen Auftrag der Zunft an. Im Jahre 1987, kurz vor seinem Tod, gab Josef Tränkle das Schnitzen der Zunftmasken ab.
Konrad Wernet, Elzach (*1939): Maskenschnitzer von 1987 bis 2017
Noch 1987 knüpfte die Offenburger Hexenzunft Kontakte zu dem Elzacher Holzbildhauer Konrad Wernet. Dieser durfte als Kind Josef Tränkle oftmals beim Schnitzen der Masken zuschauen und wurde später auch dessen Lehrling. Es folgten einige Jahre als Geselle bei Tränkle. Danach besuchte Konrad Wernet die Meisterschule und machte sich selbständig.
Konrad Wernet gelang es den Hexenmasken wieder ihre Individualität und Unverkennbarkeit zurück zugeben unter gleichzeitiger Beibehaltung der von den Gründern vorgegebenen Grundcharakteristika Hakennase, Spitzkinn sowie Brollauge. Wernet zeichnet sich durch seine gute Zusammenarbeit mit dem Maskenbeauftragten der Zunft aus. Seine Masken sind beliebt und brachten unsere Junghexen und Junghansele jedes Jahr aufs Neue zum Strahlen.
Adrian Burger, Elzach (*19xx): Maskenschnitzer von 2017 bis heute
Der gelernte Holzbildhauer Adrian Burger aus Elzach löste 2017 nach vielen Jahren und unzähligen Hexen-, Hansele- und Büttelmasken seinen Onkel und Lehrmeister Konrad Wernet als Zunftschnitzer der Offenburger Hexenzunft ab. Seit Jahrzehnten werden die Offenburger Masken im Elztal geschnitzt und verleihen dem Träger seine Identität.
So sind in dieser Zeit unzählige Masken durch das Messer von Wernet gegangen und haben das Offenburger Häs vollendet. Nach all diesen Jahren exzellenter Arbeit hat sich die Zunft dafür entschieden einen neuen Weg einzuschlagen. Zurück in die Gründerzeit, näher an den Ursprung und noch näher an die Personifizierung der Maske zum jeweiligen Träger, so wie es früher war. Nicht nur bei den Hexen, nein auch bei den neuen Hansele sollten die Masken nun an die Facetten und Eigenschaften des jeweiligen Trägers angepasst sein.
Mit dieser Vorgabe sind die Verantwortlichen an Adrian Burger, einen von vier hauptberuflichen Maskenschnitzern aus Elzach, herangetreten. Nach den Schnitzerlegenden Fritz Disch, Werner Vogel, Josef Tränkle und Konrad Wernet ist Adrian Burger nun der fünfte exklusive Schnitzer der Offenburger Hexenzunft. Wie auch seine Vorgänger verwendet Burger ausschließlich Lindenholz, was eine jahrzehnteüberdauernde Qualität gewährleistet. Burger ist selbst ein „Vollblutnarr“, der als Schuttig die Straßen in Elzach unsicher macht. Neben den Masken für die Offenburger Hexenzunft und weiteren 120 Zünften aus Baden-Württemberg, fertigt Burger auch Holzgrabmale, Reliefs und Holzfiguren jeglicher Art.
Burger, der sehr nah am Schnitzstil von Fritz Disch arbeitet, setzt sich bei jeder Maske selbst ein Ziel und sagt „Jede Maske wird individuell geprüft und an die Form des Gesichtes angepasst“. Und wer einmal miterleben durfte wie Burger in seiner heimischen Werkstatt wirbelt und mit welchem Ehrgeiz und Genauigkeit er arbeitet weiß, dass das nicht nur gesagt wird.
Jeder Wechsel des Schnitzers bedeutete für die Zunft auch ein Wagnis.
Verlust der vorhandenen Stilsicherheit im Umgang mit Farben und Formen. Deshalb war und ist es besonders wichtig, den jeweiligen Schnitzern anhand der alten Masken den Maskenstil zu zeigen und zu erläutern, so dass er Generationen hinweg überdauern kann. Die Hexenzunft hat es in ihrer Zunftgeschichte immer verstanden, qualifizierte Maskenschnitzer zu finden. Ausschlaggebend war auf jeden Fall, dass alle bisherigen Schnitzer stets Wert auf saubere Arbeit und gute Linienführung gelegt haben und dass immer Qualität vor Quantität stand bzw. stehen wird.
Eines darf jedoch nicht vergessen werden: eine Maske an sich macht noch keine Hexe. Allein der Träger ist es, der der Maske das Leben einhaucht. Er muss Narr sein und im Falle der Hexe springen und tanzen, mit dem Besen um sich fegen und seinem Gegenüber den Spiegel vorhalten. Denn letztendlich beurteilt der Zuschauer, ob die Narrenfigur lebendig erscheint und durch die Begegnung nachhaltigen Eindruck hinterlässt.